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21.07.2016
Production Designer Uli Hanisch verrät im Interview, wie aufwendig das Serienprojekt von X Filme, ARD, Beta Film und Sky umgesetzt wird.
Sky: Sie haben das Production Design für internationale Filme wie "Das Parfum", "The International" und "Cloud Atlas" entworfen, dennoch ist "Babylon Berlin" auch für Sie vermutlich eine sehr große Produktion?
Uli Hanisch: Wenn man die reinen Budgetzahlen gegeneinanderstellt, waren die Hollywoodproduktionen zwar größer, aber hier haben wir eine besondere neue Herausforderung. Es gibt 16 Bücher, drei Regisseure, 300 verschiedene Locations und 180 Drehtage. Insofern ist es quantitativ eine größere Nummer.
Wie viele Leute arbeiten in Ihrem Department?
Für das Production Design von "Babylon Berlin" arbeiten 70 Leute, die sich um Szenenbild, Ausstattung und Requisite kümmern. Zum Vergleich: Der "Tatort" hat drei.
Ein Teil der Dreharbeiten findet in der Außenkulisse des Studios Babelsberg statt. Dort wurde die "Neue Berliner Straße" gebaut.
Das ist einer dieser seltenen Glücksfälle. Vor ungefähr zwei Jahren starteten unsere Gespräche über die Produktion, und zufällig entschied Studio Babelsberg zum gleichen Zeitpunkt, dass dringend eine neue Außenkulisse gebaut werden muss. Es ist schwer, Locations in der Größenordnung logistisch in den Griff zu bekommen und für diesen Wanderzirkus von Filmproduktion wochenlang Straßenkreuzungen zu sperren – obwohl Berlin eine filmfreundliche Stadt ist. Nun haben wir vier unterschiedliche Arten von Straßen: eine reiche, eine mittelprächtige, eine heruntergekommene und eine sehr moderne – für die 20er-Jahre. Alles ist wandelbar verbunden mit einem Hofsystem. Wir haben nun ganz Berlin auf einer Kuchenplatte.
An welchen bekannten Locations wird "Babylon Berlin" außerdem gedreht?
Wir haben außerhalb der Neuen Berliner Straße noch locker 200 Originalmotive, in denen wir drehen. Das Rote Rathaus ist für uns Außenmotiv, im Rathaus Schöneberg finden Innenaufnahmen vom Foyer statt. Wir drehen außerdem in der modernsten Bar Berlins, der "Bar 1000". Die nehmen wir fast unverändert, das ist eines unserer Experimente.
Und wo beginnt man als Szenenbildner bei so einer großen Produktion?
Man fängt damit an, in die Zeit einzutauchen. "Babylon Berlin" ist das Sittenbild einer kurzen freiheitlichen Epoche. Alle Modernität, Technik und Kultur, auf die wir uns heute stützen, gründet auf dieser kurzen Epoche der 20er-Jahre. Um dann in das große schwarze Loch zu fallen, das Unfassbare des Dritten Reiches. Man fragt sich, wie konnte in der avantgardistischsten Metropole der Welt so etwas passieren? Mit der Frage beschäftigt sich die deutsche Seele ja ununterbrochen. Die Nazis spielen in "Babylon Berlin" noch keine Rolle, sie sind Zaungäste und Pöbelproleten in irgendwelchen Bierkellern, die keiner ernst nimmt. Sich damit auseinanderzusetzen, das hat mich reingezogen. Wir denken immer, Berlin heutzutage wäre abgefahren und wild. Aber unsere Urgroßväter hätten darüber nur müde gelächelt.
Denken wir an die 20er-Jahre, kommen sofort bestimmte Bilder in den Sinn. Geht es Ihnen darum, diese Bilder neu zu gestalten? Geht es Ihnen um historisch korrekte Abbildungen oder worauf legen Sie Wert?
Es geht um das Porträt der Zeit, die unterschiedlichen Schichten und ihre Vielfalt stehen im Vordergrund. Wir haben uns viele Gedanken gemacht, um dem, was man aus "Cabaret" kennt, etwas hinzuzufügen oder zu entgegnen. Das wäre sonst, als würde man die 70er-Jahre immer auf das Musical "Hair" herunterbrechen, eine wahnsinnige Verdummung einer Retrospektive. Fakt ist, den allermeisten Menschen ging es sehr schlecht. Einerseits gab es Dekadenz, Laster, Drogen und auf der anderen Seite bitterste Armut mit unvorstellbaren Lebensbedingungen. Zum Beispiel lebten in einer Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung statistisch sieben Personen. Wir haben uns vorgenommen, von einer musealen Fernsicht, einem staubigen Abbild wegzukommen.
Gestalten Sie am liebsten historische Produktionen?
Ich habe manchmal das Gefühl, ich lebe in der Vergangenheit. Wir beim Film sind die einzigen Menschen, die real Zeitreisen herstellen. Wenn bei einem Dreh eine Szene perfekt ist, ist man für den Moment in einer anderen Zeit – da bekomme ich manchmal sogar Gänsehaut. Da ich in den letzten 15 Jahren gefühlt nichts anderes gemacht habe, bin ich fast schon irritiert, wenn ich einen zeitgenössischen Film mache und gar nicht mehr weiß, was ich vor Ort verändern soll. Ich hab den Reflex, dass ich von allen Gebäuden sofort die modernen Schilder abreißen will.
Der spektakuläre Serienhit um das brodelnde Berlin der 20er-Jahre feiert am 13. Oktober auf Sky 1 Premiere. Willkommen in der Stadt der Sünde!
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