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Interview mit "Hackerville"-Regisseurin Anca Miruna Lazarescu

Wie Lisa Metz, die Hauptfigur der Serie, stammen auch Sie aus Temeswar. Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrer Geburtsstadt, in der Sie nun "Hackerville" drehten?

"Hackerville" ist im Grunde eine Culture-Clash-Geschichte. Ich kam – ähnlich wie die fiktive Lisa Metz – mit zehn von Rumänien nach Deutschland. Da hat man sein Geburtsland noch sehr präsent. Gleichzeitig spürt man einen starken Widerspruch. Wir erinnern uns an eine bunte, warmherzige Kindheit – allerdings mit ganz eigenen Spielregeln. Weil man in Rumänien über vieles nicht sprechen konnte. Wir sind in einer Zeit aufgewachsen, die man als die dunkelsten Jahre des Kommunismus bezeichnen kann. Die 80er-Jahre waren geprägt von großer Armut. Es gab ab einer bestimmten Uhrzeit keine Straßenbeleuchtung. Die Läden waren düster und leer. Vor allem unter älteren Menschen herrschte große Desillusion. Ceausescu hatte die Menschen leergesaugt.

Wie sieht dagegen das Temeswar von heute aus?

Wenn Lisa in diese Stadt zurückkehrt, rechnet sie erst damit, sich zu Hause zu fühlen. Dann merkt sie aber, dass sich die Spielregeln der Gesellschaft radikal verändert haben. In der Erinnerung sind die Rumänen wahnsinnig herzlich. Aber dann stellt man fest, dass sie durch die Geschichte der letzten 40 Jahre durch Misstrauen und Konfliktscheue geprägt sind. In Rumänien wird viel totgeschwiegen, weil das 40 Jahre lang gang und gäbe war. Damit muss auch Lisa zurechtkommen. Sie stellt fest, dass ihr Vater mehr Geheimnisse verbirgt als ihr als Kind bewusst war.

Warum entwickelte sich ausgerechnet Rumänien zu einem Hacker-Zentrum?

Es gibt dort eine junge Generation mit großem Selbstbewusstsein. Wir wuchsen noch mit einem "Ostkomplex" auf. Mein Vater sagte regelmäßig, wir seien auf der falschen Seite der Erde geboren. Viele aus dem Osten hatten einen Minderwertigkeitskomplex. Seit etlichen Jahren aber erstarkt der Osten. Die Jugend genießt Top-Ausbildungen. Die Internetverbindungen sind schnell. Im Bekanntenkreis meines Mannes, der auch aus Rumänien stammt, gibt es zum Beispiel viele Hacker. Einige spielen auch in der Serie mit. Hacken ist dort fast ein Industriezweig, da man leicht große Unternehmen erpressen kann. Diese junge Generation fordert den Westen heraus. Wenn du immer das Gefühl hattest, vom Westen abgehängt zu sein, kommt so eine Wut in dir auf, dass du es allen zeigen willst. Die Attitüde lautet: wir sind klein, aber böse. Das ist eine typisch osteuropäische Einstellung. Der Rumäne "Guccifer" hat die Clintons gehackt und den Wahlausgang in den USA beeinflusst. Der Osten ist der neue Wilde Westen.

Wie würden Sie das soziale Umfeld beschreiben, aus denen diese Hacker stammen?

Das Faszinierende sind die extremen Kontraste: Das Durchschnittseinkommen liegt bei 350 Euro. Du triffst auf renommierte Professoren, die sich nicht leisten können, zu internationalen Kongressen zu reisen, und auf 60 Quadratmetern bei ihren Eltern leben müssen. Gleichzeitig gibt es die Parallelgesellschaft der Oligarchen, deren verwöhnter Nachwuchs den Champagner vor dem Club in den Abfluss gießen lässt. Geld und Materielles haben einen viel höheren Stellenwert als in Deutschland. Und als Hacker kannst du locker 20.000 Euro im Monat einnehmen.