Echtes schottisches Links-Golf
Die Aberdeen Asset Management Scottish Open haben zwei unschlagbare Argumente, um viele Weltklassespieler in die Nähe von Inverness zu locken: Zum einen ist der Castle Stuart Golf Links die ideale Vorbereitung auf die Open Championship eine Woche später. Zum anderen ist das Preisgeld von umgerechnet knapp 3,9 Millionen Euro eins der höchsten auf der European Tour. Während Phil Mickelson, Henrik Stenson und Martin Kaymer sich für das zweite Major des Jahres einspielen wollen, sind die Scottish Open für Marcel Siem und Maximilian Kieffer die letzte Chance, sich für Royal Troon zu qualifizieren. Sky überträgt das Turnier ab Donnerstag exklusiv live und in HD. Kommentar: Adrian Grosser.
Das Turnier
Obwohl das Golf-Spiel in Schottland erfunden wurde, hat es lange gedauert, bis sich die nationale offene Meisterschaft auf der European Tour etabliert hat. Mit Gründung der Tour im Jahr 1972 wurden auch die Scottish Open aus der Taufe gehoben. Nach nur zwei Ausgaben verschwanden sie allerdings für zwölf Jahre wieder vom Turnierkalender. Erst 1986 tauchten sie als Ersatz für die Glasgow Open erneut auf. Bis einschließlich 1996 hielt sich das Turnier, ehe es wieder abgesetzt und ab 1997 vom 1996 eingeführten Loch Lomond World Invitational abgelöst wurde. Im Jahr 2001 wurde schließlich entschieden, dass das Event in Loch Lomond ab sofort den Status als Scottish Open erhalten sollte. Diese Entscheidung galt auch rückwirkend, so dass alle Sieger ab 1996 als Scottish Open Champions gelten, was die kuriose Folge hat, dass es in 1996 zwei schottische Meister gibt: Ian Woosnam, der die ursprünglichen Scottish Open in Carnoustie gewann, und Thomas Björn, der beim Loch Lomond Invitational siegte.
Der Platz
Als der Castle Stuart Golf Links 2009 eröffnet wurde, kürte ihn das Golf Magazine zum weltweit besten neuen Kurs des Jahres und platzierte ihn auf Position 56 unter den Top-100 Golfplätzen der Welt. Nur zwei Jahre später war er erstmals Austragungsort der Scottish Open. Und der Platz bestand den Praxistest der Profis mit Bravour.
Phil Mickelson etwa war voll des Lobes: „Das ist Golf erster Klasse“, fand der US-Amerikaner, „ich denke, der Platz verdient seinen Status.“ Er sei eigentlich kein Fan von moderner Golfplatz-Architektur, sagte Mickelson. Sie sei ihm oft zu eintönig und nur auf Länge bedacht. Doch Castle Stuart sei ganz anders. Bei Golf gehe es um „Spaß, Kreativität, unvergessliche Schläge und Löcher sowie um Herausforderungen“. All das vereine der Links-Kurs am Moray Firth, zehn Kilometer nord-östlich von Inverness, lobte Mickelson, der jedem Golfplatz-Architekten empfiehlt, sich daran ein Beispiel zu nehmen.
Der Titelverteidiger
Bei Rickie Fowler muss man mit allem rechnen. Nachdem er im letzten Jahr mit sechs Schlägen unter Par auf den letzten sechs Löchern die Players Championship gewonnen hatte, gelang ihm bei den Scottish Open in Gullane ein ähnlicher Husarenritt. Nach einem Bogey auf der 14 fiel der US-Amerikaner zwei Schläge hinter die Spitze zurück. Doch er ärgerte sich nur kurz, denn er wusste, „es kommen noch ein paar Birdie-Löcher.“ Tatsächlich waren die vier letzten Löcher die ganze Woche über seine stärksten. Mit drei Birdies auf der 15, 16 und 18 gewann er das Turnier mit einem Schlag Vorsprung vor Matt Kuchar und Raphael Jacquelin. „Das ist ein großer Erfolg“, fand Fowler. Einer allerdings, den er in diesem Jahr nicht wiederholen wird, denn der 27-Jährige tritt nicht zur Titelverteidigung an.
Die Favoriten
Wenn schon der Vorjahressieger nicht am Start ist, so ist wenigstens der inoffizielle Titelverteidiger in dieser Woche mit dabei. Der heißt Phil Mickelson und hat das Turnier 2013 gewonnen, als es letztmals im Castle Stuart Golf Links ausgetragen wurde. Damals siegte „Lefty“ in der Woche darauf auch bei der Open Championship und bewies vor allem seinen US-Kollegen, dass es sich durchaus lohnen kann, in der Woche vor dem dritten Major des Jahres typisches Links-Golf zu spielen.
Diese Gelegenheit nehmen außer Mickelson diesmal auch Steve Stricker, Patrick Reed und J.B. Holmes wahr. Sie messen sich mit europäischen Top-Spielern wie Henrik Stenson, Miguel Ángel Jiménez, Shane Lowry, Martin Kaymer, Chris Wood und Andy Sullivan. Weitere Titelkandidaten sind der Südafrikaner Branden Grace, French-Open-Champion Thongchai Jaidee oder Kiradech Aphibarnrat.
Die deutschen Teilnehmer
Aus Deutschland sind Martin Kaymer, Marcel Siem und Maximilian Kieffer dabei. Vor allem Kaymer ist einiges zuzutrauen. Er zeigte mit Platz fünf bei den 100th Open de France eine gute Leistung, auch wenn der Sieger Thongchai Jaidee am Ende mit sieben Schlägen Vorsprung deutlich entfernt war. Für Marcel Siem und Maximilian Kieffer ist das Turnier die letzte Chance, sich noch für die Open Championship zu qualifizieren.